"Eine der eindrucksvollsten Kunstverein-Präsentationen der letzten Zeit ist gegenwärtig im Engelsaal in Tauberbischofsheim zu bewundern: Plastiken, wie sie hier noch selten zu sehen waren - teilweise übermannshohe Arbeiten des Holzbildhauers Rainer Englert, die einem Besucher schon beim Betreten des Raumes einen Moment lang den Atem verschlagen können.
Sind diese oft einschüchternd gewaltigen Menschen-Skulpturen, diese hölzernen Hominiden afrikanischen, ozeanischen oder gar altgriechisch-frühklassischen Ursprungs? Klassische Strenge der Formgebung, urwüchsige Körperhaftigkeit und archaische Gebundenheit des Ausdrucks verbinden sich hier zu einer eigenen magischen Welt, die den Beschauer mit einer verwirrenden Vielfalt von Signalen und Botschaften konfrontiert.
"Ausdruck" und "Habitus", "Haltung" und "Idee" lauteten die Begriffe, mit denen Gunter Schmidt in seiner Vernissage-Einführung gemeinsame Merkmale der 17 hier ausgestellten Arbeiten (die insgesamt 35 Einzelskulpturen umfassen, dazu sechs kleinformatige Vorzeichnungen) des in Walldürn lebenden und arbeitenden Holzbildhauers zu umreißen suchte. Es handelt sich dabei sowohl um Einzelwerke wie Gruppen und Installationen mit Titeln wie "Adam", "Wächter", Nofretete" oder auch den "Freizeitindianer", eine farbig bemalte und aufgeputzte Skulptur, deren Monumentalität durch die Namensgebung und die damit verknüpften Assoziationen eine gewisse ironische Brechung erfährt.
Ähnlich verhält es sich mit einigen anderen Arbeiten, die Historisches, Traditionelles und Modernes miteinander verbinden und durch gelegentliche Formexperimente die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Doch tritt das experimentelle oder auch nur eigenwillig-expressive Element in Rainer Englerts Arbeiten hinter der - wie Gunter Schmidt in seiner Einführung formulierte - schieren "Präsenz" und "Körperlichkeit" der Figuren zurück, die einerseits von ihren teils überlebensgroßen Dimensionen herrührt aber auch aus der Eigenart des Werkstoffes Holz bzw. der unterschiedlichen hier verwendeten Hölzer, ihrer spezifischen Eigenart und Oberflächenstruktur und ihrer gewachsenen, urwüchsigen, archaischen Anmutung auf den schauenden und befühlenden Betrachter.
Werner Weckbach, in Fränkische Nachrichten Tauberbischofsheim
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